Laos: Jetzt nochmal in Ruhe

Letzte Woche habe ich über unsere Fahrt von Dali bis Thakek geschrieben. Aus der Retropesktive erscheint mir das sehr gehetzt und oberflächlich. Viel zu viel haben wir gesehen, erfahren und erlebt, um es in einem Absatz festzuhalten.

Jetzt, aus der Hängematte mit Blick über den Mekong, versuche ich es nochmal.
Laos ist ein tief religiöses buddhistisches Land. Oft beeinflusst durch traditionelle Naturreligionen spielt der Theravada-Buddhismus, wie er auch in Thailand tonangebend ist, eine wichtige Rolle. Tempel, Klöster und Mönche finden sich in jedem Dorf. Wer morgens zwischen fünf und sieben schon wach ist, kann die Mönche bei ihrem Bettelgang beobachten. Ohne Worte vollzieht sich dieses heilige Ritual. Eine Gruppe Mönche zieht durch die Straßen mit ihren Gefäßen, die von knieenden Gläubigen mit Essen, meist Klebereis, gefüllt werden. In Touristenstädten wie Luang Prabang wird die stille Zeremonie leider immer wieder von Touristen gestört, die lärmend mit ihren Handykameras folgen.

Neben Klöstern und Palästen besuchen wir in Luang Prabang das UXO-Dokumentationszentrum. UXO steht für Unexploded Ordnances, also nicht detonierte, immer noch scharfe Bomben aus dem Vietnamkrieg. Um den Nachschub für den Vietcong zu unterbrechen, warfen die USA in den 60er und 70er Jahren über Laos mehr Bomben ab, als während des gesamten 2. Weltkrieges über Deutschland niedergegeangen sind. Zumeist Streubomben, von denen sich viele noch immer im Boden befinden und weiterhin tausende spielende Kinder, pflügende Bauern und Altmetallsucher zerfetzen.

Zwischenstopp in Pakse, der zweitgrößten Stadt des Landes. Hier findet man, versteckt zwischen gesichtslosen Garagenhäusern, architektonische Überreste der franzöasischen Kolonialzeit. Wir wollen unser Visum verlängern und müssen dafür zwei Tage warten. Um der Hitze zu entgehen, wechseln wir das Verkehrsmittel und heizen mit einem halb-verkehrstüchtigen Roller ins nahe Bolaven Plateau, um uns neben Kaffeeplantagen an Wasserfällen zu erfrischen.

Das letzte Stück in den Süden ist eine Schinderei. Die Hauptstraße wird immer hässlicher und direkt daneben werden massenweise Felder brandgerodet, Überall brennt und kokelt es. Der Qualm macht das Fahren bei fast 40° nicht angenehmer. Irgendwann haben wir es dann doch geschafft und erreichen Si Phan Don, das bedeutet wörtlich 4000 Inseln und ist tatsächlich eine Vielzahl kleiner Inseln im Mekong an der Grenze zu Kambodscha. Entgegen unserer Befürchtungen ist der Massentourismus hier noch nicht angekommen und wir finden einen gemütlichen Bungalow am Fluss. Drei Tage pendeln wir zwischen weißem Sandstrand und Hängematte auf unserer Terrasse.

Dann fühlen wir uns wieder bereit für das letzte – harte – Stück Laos. 100 Kilometer Schotterpiste in Richtung vietnamesischer Grenze liegen vor uns. Oft müssen wir schieben, weil wir knöcheltief im Sand versinken. Das Zwischenziel ist Attapeu und unser Weg führt mitten durch ein Gebiet, dass letzten Sommer komplett durch einen Dammbruch verwüstet wurde. Wir passieren zerstörte Dörfer und Notunterkünfte. Laos möchte die “Batterie Asiens” werden und baut daher eine Vielzahl von Dämmen an den zahlreichen Mekongzuflüssen. Ob auch der massive Holzschlag, der vor allem vietnamesische Möbelfabriken beliefert, solche Katastrophen begünstigt ist umstritten. Fest steht, dass vor allem in Südlaos Menschen und Natur unter der Nutzung von Wasser und Wald leiden. In der Vergangenheit wurde auch die Deutsche Bank mit dieser oft illegalen Praxis in Verbindung gebacht.

Morgen läuft unser Visum für Laos aus und wir fahren weiter nach Vietnam. 40 Tage waren wir jetzt hier und verlassen das Land voller schöner Erinnerungen, aber auch mit etwas Freude jetzt weiter zu dürfen. Die laotische Gelassenheit ist sprichwörtlich. Hier lässt sich niemand aus der Ruhe bringen, für uns nur zu verständlich bei der Hitze. An guten Tagen wirkt das wunderbar entspannt, an schlechten auch manchmal lethargisch und deprimierend. Laos gehört noch immer zu den ärmsten Ländern der Erde. Die meisten Lebensmittel müssen importiert werden und sind dementsprechend teuer. Geöffnet hat sich die Regierung nur für den Massentourismus und ausländische Gelder, politisch gibt es keinerlei Mitbestimmungsrechte für die Bevölkerung. Gefeiert wird trotzdem gerne. Durch fast jedes Dorf vibrieren laute Bässe und schon bald können wir die aktuellen Hits mitsingen. Dazu kommt die Allgegenwart von “BeerLao”. Die lokale Brauerei scheint das ganze Land im Griff zu haben. An jeder Straßenecke hängt Reklame, BeerLao-Kästen werden sogar als Baumaterial verwendet und ein kaltes BeerLao ist oft einfacher zu besorgen als Essen. Uns bleibt ein etwas schaler Geschmack von Laos. Zum ersten Mal seit Beginn der Reise werden wir ausschließlich als (zahlungskräftige) Touristen wahrgenommen und nicht als Reisende und Fahrradfahrende. Den Laoten*innen kann man es nicht zum Vorwurf machen, uns macht das Reisen aber deutlich mehr Spaß, wenn wir mit den Leuten vor Ort in Kontakt kommen und mehr über den Alltag und die Lebensweise erfahren.

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