Vom Kuhstall an die Küste und in die Berge

 Nach arbeitsreichen aber gleichförmigen Tagen auf einem Biobauernhof waren wir froh wieder auf dem Rad zu sitzen und die Freiheit zu genießen. Von jetzt an ging es größtenteils entlang der Küste Richtung Georgien, lediglich von ein paar Tagen Abkürzung durch das Landesinnere unterbrochen. Die “Abkürzungen” erwiesen sich dann doch nicht ganz so kurz, vor allem da sich direkt hinter der Küste mehrere-tausend-meter-hohe Berge erheben. Aber eins nach dem anderen. Unsere erste Station war Ereğli, das unser Gastgeber liebevoll “Duisburg der Schwarzmeerküste” nannte. Und tatsächlich nimmt in dieser Gegend die Dichte der Ruhrpott-Autonummern exponentiell zu. Sind es doch vor allem die Nachfahren der nach Deutschland migrierten Bergarbeiter die zum Sommerurlaub ihre Verwandten am Schwarzen Meer besuchen.
Von Ereğli nahmen wir die “Abkürzung” quer durchs Land Richtung Samsun. Schon am ersten Tag stoppten immer wieder Lieferwägen und LKWs und fragten mitleidig, ob sie uns nicht mit den Berg hochnehmen könnten. Wir wollten die traumhafte Natur allerdings noch ein bisschen genießen und strampelten ein paar Tage munter weiter. Unterwegs hörten wir von einem Sportfestival, dass in Küstennähe stattfindet und vier Tage kostenfrei Programm, Camping und Essen bietet. Das klang zu gut, um es sich nicht mal anzuschauen, zumal es fast auf dem Weg lag. Nachdem die ersten Komplikationen geklärt waren, konnten wir die Berge in vollen Zügen genießen. Wir hatten unser Zelt auf dem extra für Regierungsangehörige reservierten Platz gestellt und uns geweigert es wieder abzubauen. Der Vertreter der lokalen Ordnungsbehörde resignierte (wohl vor allem aufgrund der Sprachbarriere) und lies uns verweilen. Der Aufenthalt war auch in sozialer Hinsicht toll und wir wurden nach Samsun und Ordu eingeladen, so dass wir uns für die nächsten 200 Kilometer nicht um Schlafplätze sorgen brauchten.  Auch lernten wir auf dem Festival die lustigen Auswüchse einer konservativ-muslimischen Regierung kennen. Zum ersten Mal seit Schulklassenfahrten mussten alkoholische Getränke tief im Zelt versteckt werden und der Raki wurde unterm Tisch in blickdichten Tassen ausgeschenkt. Eingeweihte konnten auch auf dem Festivalgelände versteckt unter der Ladentheke Bier kaufen, man musste allerdings genau wissen, an welchem Stand sich die Flüsterkneipe befand.

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